Nahaufnahme von großen, rot gestrichenen Rädern einer historischen Lokomotive.

Eisenbahn

An der Eisenbahn wird es besonders deutlich: Technikgeschichte ist zugleich menschliche Alltagsgeschichte. Das Deutsche Technikmuseum zeigt in seiner Ausstellung „Züge, Loks und Leute“ die Geschichte eindrucksvoller Fahrzeuge und aller, die mit der Bahn zu tun hatten.

Lokschuppen I ist wieder geöffnet!

Zwei Frauen laufen von rechts nach links durch das Bild. Rechts hinter ihnen ist der Bogen eines alten Portals erkennbar. Direkt hinter ihnen befindet sich eine Wand, die mit einer rot eingefärbten Fotografie des Anhalter Bahnhofs bedruckt ist. Links in diesem Foto befindet sich ein Textfeld mit der Aufschrift: „Eisenbahn: Revolution und Alltag“.
Im Eingangsbereich zur Dauerausstellung „Eisenbahn: Revolution und Alltag“ steht das originale Fürstenportal des Anhalter Bahnhofs direkt neben einer großformatigen historischen Aufnahme dieses legendären und größten Fernbahnhofs Berlins im 19. Jahrhundert.
SDTB / Ériver Hijano

Die neue Dauerausstellung Schienenverkehr ist unter dem Titel „Eisenbahn: Revolution und Alltag“ wieder eröffnet. In den historischen Lokschuppen gliedern jetzt farbige Ausstellungsinseln den Rundgang. Medieninstallationen und Mitmach-Stationen laden zum Entdecken ein, die Geschichte zentraler Objekte wird in Zeichentrickfilmen vermittelt. Im nun vollendeten ersten Bauabschnitt der Ausstellungs-Überarbeitung wird auf 1.700 Quadratmetern die Zeit von den Anfängen der Eisenbahn vor 200 Jahren bis 1914 darstellt. Dabei wird gezeigt, wie der Schienenverkehr das Leben aller Menschen grundlegend und für immer veränderte. So hat die Eisenbahn beispielsweise große Migrationsbewegungen ermöglicht und die Zeitzonen geschaffen. Immer im Mittelpunkt steht die einmalige Sammlung des Museums, zu der unter anderem die älteste erhaltene Straßenbahn gehört: ein Berliner Pferdebahnwagen von 1865.

Gefördert mit Mitteln der Lotto-Stiftung Berlin.

Wie die Eisenbahn die Gesellschaft in Bewegung brachte

Der Anhalter Bahnhof war der größte der legendären Berliner Kopfbahnhöfe der Vorkriegszeit. Sein monumentales Empfangsgebäude wurde nach Kriegsschäden gesprengt – bis auf ein kleines Fragment am Askanischen Platz. Weitere Bauteile sind heute im Deutschen Technikmuseum erhalten, etwa das so genannte Fürstenportal, das einst in den Warteraum für „Höchste und allerhöchste Herrschaften“ führte. Heute ist das Portal der Auftakt zu den beiden historischen Lokschuppen von 1874, in denen das Museum auf 6.000 Quadratmetern 150 Jahre deutscher Eisenbahngeschichte präsentiert. Die Lokschuppen mit ihren jeweils im Freien davor liegenden Drehscheiben stellen somit das größte Ausstellungsstück dar und erinnern an die aufwändige Infrastruktur, die nötig war, um das System Eisenbahn zu betreiben.

Zwei große, grün angelaufene Bronze Figuren stehen links und rechts vor den gelben Backsteinsäulen der historischen Lokschuppen. Zwischen Ihnen steht eine schwarze Lokomotive.
Die Skulpturen „Tag“ und „Nacht“ des Bildhauers Ludwig Brunow (1843-1913) befanden sich einst über dem Haupteingang des Anhalter Bahnhofs. Heute begrüßen die restaurierten Galvanoplastiken die Besucherinnen und Besucher am Eingang zu den Lokschuppen.
SDTB / C. Kirchner

Der Geruch von Ruß und Öl

Kern der Ausstellung sind mehr als 40 originale Schienenfahrzeuge, die zum Teil noch den Geruch von Ruß und Öl verströmen. Darüber hinaus werden einmalige, hochdetaillierte Modelle von Wagen und Loks im Maßstab 1:5 gezeigt, die um 1900 als Gesellenstücke angefertigt wurden. Beides ist eingebettet in eine Vielzahl von Objekten, die verdeutlichen, wie Menschen mit der und für die Eisenbahn lebten: Wagenabteile, Reiseandenken, Uniformen, Speisewagengeschirr, Koffer, Fahrkarten, Spielzeugbahnen.

Der chronologische Rundgang führt von den Vorläufern der Eisenbahn im 18. Jahrhundert über den offenen Personenwagen von 1843 – einer der ältesten weltweit erhaltenen – bis hin zu den Lokomotiven und Wagen des westdeutschen Wirtschaftswunders und der DDR. Wer möchte, kann unter einer Lok hindurchgehen oder auf einen Führerstand klettern und einmal im Leben Lokomotivführer spielen.

Blick in die Schienenverkehrs-Ausstellung: Eine historische schwarzrote Lokomotive, und mehrere Abteilwagen stehen auf Schienen nebeneinander aufgereiht.
Zahlreiche historische Loks und Waggons stehen in den Lokschuppen bereit. Mehr als 40 originale Schienenfahrzeuge erzählen die Geschichte der Eisenbahn.
SDTB / H. Hattendorf

Der „Reisekaiser“ Wilhelm II.

Die Geschichte der deutschen Eisenbahn ist eng mit den Entwicklungen in Gesellschaft und Politik verknüpft. Diese Bezüge werden in der Ausstellung besonders anschaulich durch die Verbindung zu bestimmten Personen aufgezeigt. So gibt der Salonwagen Wilhelms II. eine gute Vorstellung davon, was es mit seinem Spottnamen „Reisekaiser“ auf sich hatte. Otto von Bismarck steht für die heftige Auseinandersetzung um die einheitliche deutsche Reichseisenbahn, wie sie in den 1870er Jahren geführt wurde.

Mit der Reichsbahn in den Tod

Blick auf einen alten braunen Güterwagen mit Holzaufbau. Auf den Seiten sind Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus Konzentrationslagern zu sehen.
Ein Güterwagen in der Ausstellung erinnert an die Beteiligung der Deutschen Reichsbahn am Holocaust.
SDTB / C. Kirchner

Auch an den Holocaust wird in der Ausstellung erinnert: und zwar speziell an die entscheidende Rolle der Deutschen Reichsbahn bei der Ermordung europäischer Juden im „Dritten Reich“. Ein Güterwagen steht als Symbol für die Deportationen im Zentrum der Ausstellungseinheit „Judendeportationen“, die zwölf Berliner Einzelschicksale präsentiert und Bilder, Landkarten und Fahrpläne zeigt.

„Nächster Halt: 1900!“

Ein kleiner Junge schaut durch ein Fenster in ein Modell eines Eisenbahnwaggons.
Dreizehn Zugmodelle im Maßstab 1:5 des Deutschen Technikmuseums in Berlin wurden für das Projekt mit 360-Grad-Kameras digital abfotografiert und sind nun auf Google Arts & Culture zugänglich.
SDTB / C. Kirchner

Das Museum verfügt über eine einzigartige Sammlung von historischen Eisenbahnmodellen im Maßstab 1:5, die um die Jahrhundertwende hergestellt wurden. Jedes Türschloss, jede Niete, jedes Waschbecken ist originalgetreu nachgebildet – von der Dampflok bis zum Leichenwagen. Die Innenräume wurden nun mit 360-Grad-Kameras digitalisiert. Ab sofort kann jeder und jede eine virtuelle Zeitreise durch die Welt der Eisenbahn um 1900 unternehmen – in 360-Grad-Touren mit literarischer Tonspur. Entdecken Sie die Digital Story „Nächster Halt: 1900!” auf der Plattform Google Arts & Culture!

Highlights

Der offene Personenwagen aus Holz fährt auf Schienen und ähnelt einer Kutsche. Der Wagen besitzt kein Dach. Er ist grün gestrichen und trägt vorn die Nummer 41. Auf der Seite steht der Schriftzug B.F.E.
SDTB / C. Kirchner

Offener Personenwagen, 3. Klasse

Der originale Personenwagen der privat betriebenen Breslau-Schweidnitz-Freiburger Eisenbahn von 1843 ist eines der ganz wenigen erhaltenen Fahrzeuge aus der Anfangszeit der Eisenbahn und eine besondere Rarität. Der Wagen zeigt, wie schnell deutsche Hersteller sich vom Vorbild des Kutschenbaus lösten und bahnspezifische Konstruktionen entwickelten. Mit seiner offenen Bauweise ohne jeden Wetterschutz ist er Zeugnis der ausgeprägten sozialen Staffelung unter den Reisenden dieser Zeit.

1843

Seitenansicht einer preußische Dampflok S10, Dampfmaschine, Fahrwerk mit Rädern und Gestänge sind im Detail zu erkennen.
SDTB / C. Kirchner

Preußische Dampflok S 10

Die preußische Heißdampflokomotive S 10 ist eines der spektakulärsten Exponate in der Eisenbahnsammlung. Zwischen 1910 und 1914 wurden insgesamt 202 Lokomotiven dieser Baureihe gebaut. Die robusten Loks prägten bis in die 1930er Jahre den Fernverkehr auf vielen von Berlin ausgehenden Strecken und im norddeutschen Flachland. 1934 außer Dienst gestellt, wurde unser Exemplar einseitig im Bereich von Kessel, Zylindern und Führerhaus aufgeschnitten, um die Funktionsweise einer Dampflokomotive zu zeigen.

Berliner Maschinen AG, 1911

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SDTB / C. Kirchner

Stromlinien-E-Lok E 19

Der zunehmende Auto- und Flugverkehr setzte in den 1930er Jahren die Bahn in Europa und den USA unter Druck. Als Reaktion darauf wurden Schienenfahrzeuge für höhere Geschwindigkeiten entwickelt. Oft erhielten diese eine Stromlinienverkleidung, mit der die Aerodynamik verbessert, aber auch Geschwindigkeit und Modernität ästhetisch vermittelt wurde. Die Stromlinienlok E 19 01 war mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 180 Stundenkilometern die schnellste Elektrolokomotive der Deutschen Reichsbahn. Wie in den 1930er Jahren trägt sie an der Stirnseite einen plastischen Adler mit Hakenkreuz, um zu zeigen, wie technische Höchstleistungen durch das nationalsozialistische Regime instrumentalisiert wurden.

AEG, 1938

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SDTB / C. Kirchner

Preußische Personenzuglokomotive P 8

Am Ende von Lokschuppen I steht eine verölte, ausgeschlachtete Dampflokomotive der Baureihe P 8 aus dem Jahr 1919. Die P 8 war sehr vielseitig verwendbar. Sie fand bis auf den schweren Schnell- und Güterzugdienst vor fast jedem Zug Verwendung. Die Bahnverwaltungen konnten auf diese Maschinen sehr lange Zeit nicht verzichten, deshalb wurden die letzten P 8 bei der Deutschen Reichsbahn 1972 und bei der Deutschen Bundesbahn erst 1974 ausgemustert.

Schichau-Werke, 1919

Blick in die Schienenverkehrs-Ausstellung im historischen Lokschuppen: Drei rote Dieselloks und zwei Abteilwagen stehen auf Schienen nebeneinander aufgereiht.

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